Neuzugang durch Förderung

Kupferstich: Umgeben von Vertretern der auf analytisches Sehen gründenden Naturwissenschaften portraitiert ein älterer Maler die fast unbekleidete Liebesgöttin Venus
© Herzog Anton Ulrich-Museum

Museum erwirbt bedeutenden Kupferstich auf Pariser Kunstmesse

Ein großer Coup für Braunschweigs Kunstlandschaft: Dank der Unterstützung der Günter Kalkhof Stiftung und des Freundeskreises des Herzog Anton Ulrich-Museums konnte sich das Museum auf der Pariser Kunstmesse Salon de l’Estampe ein außergewöhnliches Werk für sein Kupferstichkabinett sichern. Auf Grundlage einer um 1598 entstandenen Zeichnung des bedeutenden niederländischen Künstlers Hendrick Goltzius (1558–1617) schuf sein Meisterschüler, der in seiner Zeit nicht weniger gefeierte Kupferstecher Jan Saenredam (um 1565–1607) das Werk „Allegorie der Liebe, des Sehens und der Kunst“.

Vom Sehen, Lieben und Erkennen
Die erst 1616 herausgegebene Komposition erhebt das Sehen zum edelsten und zugleich gefährlichsten der menschlichen Sinne: Umgeben von Vertretern der auf analytisches Sehen gründenden Naturwissenschaften portraitiert ein älterer Maler die fast unbekleidet vor ihm posierende Liebesgöttin Venus. Diese blickt verzückt in den Spiegel, den ihr Amor hinhält – er mustert die Betrachtenden dabei herausfordernd.

Goltzius führt hier eine spannungsreiche Dreiecksbeziehung vor: Künstler*innen streben nach ihren Idealen, geraten dabei jedoch in Konflikt mit Eitelkeiten und sinnlichen Gelüsten. Göttliche Erkenntnis bleibt dem Adler vorbehalten. Er schwingt sich zur Sonne empor und vermag dabei in ihr Licht zu blicken, ohne zu erblinden.

Mit seiner vielschichtigen Symbolik und Reflexion der Geschlechterrollen ist das Werk eine wertvolle Ergänzung für das Kupferstichkabinett des Herzog Anton Ulrich-Museums.

Prof. Dr. Thomas Döring, Leiter des Kupferstichkabinetts, betont: „Die Besonderheit liegt darin, dass die ethische Auslotung des Sehens hier anhand der ins Zentrum gerückten Malerei vorgeführt wird. Damit wird das Werk zugleich zu einer der bedeutendsten und originellsten Selbstdarstellungen der Kunst.“

Erstmals öffentlich präsentiert wird es in der aktuellen Sonderausstellung „Weibermacht. Die schöne Böse“, die noch bis zum 22. Februar 2026 zu sehen ist.

Ein Vermächtnis und Schlusspunkt einer Ära
Für Prof. Dr. Thomas Döring, der das Kupferstichkabinett des HAUM seit mehr als drei Jahrzehnten prägt und zum Jahresende in den Ruhestand treten wird, markiert dieser Ankauf zugleich einen besonderen Schlusspunkt seiner Laufbahn. Mit dem Erwerb gelingt ihm noch einmal ein Höhepunkt, der die über Jahre gewachsene Sammlung auf eindrucksvolle Weise ergänzt – ein Vermächtnis, das die Handschrift seiner kuratorischen Arbeit fortführt.